Hymnus

Über den Menschen lässt sich, so scheint es, aktuell nichts Gutes sagen. Militärische Konflikte, extreme Ungleichheit, autoritäre Regime plagen diese Welt – mit Donald Trump hat es sogar die Personifizierung des Internettrolls zum amerikanischen Präsidenten und damit zum mächtigsten Mann der Welt gebracht. Lupus est homo homini, ein Wolf ist der Mensch dem Menschen, wie es bei Plautus heißt. Der Mensch ist nicht in der Lage, sich selbst ein Paradies zu schaffen.
Mit dem Stück Hymnus möchte ich ein Portrait des Menschen zeichnen: Zwar kommt mit Cartull ein Poet als Worte, der die Ignoranz der Menschen (humoristisch) herausarbeitet, jedoch folgen mit Seneca und Augustinus Gelehrte, die die Arbeit an sich selbst und somit den humanistischen Gedanken vertreten. Und genau das soll die Botschaft dieses Stückes sein: die Hoffnung auf eine humanistische Bildung und humanitären Gesellschaft. Der Chor, der mit weichen Harmonien die naive Hoffnung auf eine bessere Welt vertritt, wird konterkariert durch ein schrill instrumentiertes Ensemble, das den Träumer in die schroffe Realität zieht. Gegen Ende hin zitiere ich Goethes Prometheus, der sich von den Göttern abwandte, um dem Menschen das Feuer zu schenken, bzw. den Verstand. Der Mensch muss sich aus sich selbst heraus zu einem guten Menschen entwickeln. Das Stück endet mit einem hymnischen Finale, begleitet von aufmunternden Worten Dante Alighieris.

omnia sunt ingrata, nihil fecisse benigne immo etiam taedet obestque magis […].
(Cartull, carmen 73)
Alles ist undankbar, es bringt nichts, freundlich gehandelt zu haben; es schadet im Gegenteil mehr und erregt sogar Widerwillen […].
Et eunt homines mirari alta montium et ingentes fluctus maris et latissimos lapsus fluminum et oceani ambitum et gyros siderum, et relinquunt se ipsos.
(Augustinus, Confessiones, X, 8)
Und es gehen die Menschen hin, zu bestaunen die Höhen der Berge, die ungeheuren Fluten des Meeres, die breit dahinfließenden Ströme, die Weite des Ozeans und die Bahnen der Gestirne und vergessen darüber sich selbst.
alia tamen illa voluptas est, quae percipitur ex contemplatione mentis ab omni labe purae et splendidae.
(Seneca, epist. 4)
[…] doch ein ganz anderes Vergnügen ist es, das wir bei der Beschauung einer von allen Schwächen reinen und fleckenlosen Seele genießen.
Kehrt’ ich mein verirrtes Auge
Zur Sonne, als wenn drüber wär
Ein Ohr zu hören meine Klage,
Ein Herz wie meins,
Sich des Bedrängten zu erbarmen.
(Goethe, Prometheus)
Qui si convien lasciare ogne sospetto // Ogni viltà convien che qui sia morta
(Dante, Inferno III)
Hier ziemt es, jeden Argwohn zurückzulassen,  Jede Feigheit muss hier ersterben.